5.2 Knicklänge von Mauerwerkswänden
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5.2.1 Knicklänge zweiseitig gehaltener Wände
Für den Knicksicherheitsnachweis von Druckstäben ist es im Allgemeinen üblich, die Lagerungsbedingungen an den Stabenden über die Knicklänge hef zu erfassen. Das Knickproblem wird damit auf den Eulerfall II des gelenkig gelagerten Ersatzstabes zurückgeführt. Dieses Prinzip lässt sich grundsätzlich sowohl auf zwei- als auch auf mehrseitig gehaltene Wände übertragen. Da im Mauerwerksbau das Ausknicken der Wände im Allgemeinen nur zwischen den Geschossdecken erfolgen kann, liegt es auf der sicheren Seite, dem Knicksicherheitsnachweis vereinfacht die lichte Geschosshöhe h zugrunde zu legen.
Für die Ermittlung der Knicklänge sind nach DIN EN 1996/NA im vereinfachten und allgemeinen Berechnungsverfahren zwei geringfügig unterschiedliche Vorgehensweisen zur Bestimmung des Knicklängenbeiwerts ρ möglich. In beiden Berechnungsverfahren wird die Knicklänge aber grundsätzlich mit dem gleichen Ansatz ermittelt:
Gleichung 5.2
mit
hef Knicklänge
h lichte Geschosshöhe
ρ2 Abminderungsbeiwert nach Tabelle 5-1 bzw. Tabelle 5-2
Mit der so ermittelten Knicklänge der Wand errechnet sich die Wandschlankheit λ nach Gleichung (5.3). Nach DIN EN 1996/NA ist die Schlankheit dabei auf λ ≤ 27 zu begrenzen.
Gleichung 5.3
mit
hef Knicklänge
t Wanddicke
Bei flächig aufgelagerten massiven Plattendecken oder Rippendecken nach DIN EN 1992 1/NA mit lastverteilenden Balken darf bei 2-seitig gehaltenen Wänden die Einspannung der Wand in den Decken durch eine Abminderung der Knicklänge berücksichtigt werden, wenn keine größeren horizontalen Lasten als die planmäßigen Windlasten rechtwinklig auf die Wände einwirken (s. Bild 5-3). Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben – z. B. bei Wänden, die oben und unten nur durch Ringbalken mit ausreichender Steifigkeit horizontal gehalten sind oder bei Holzbalkendecken – ist ρ2 = 1,0 anzusetzen.
Im vereinfachten Berechnungsverfahren nach DIN EN 1996-3/NA darf der Knicklängenbeiwert ρ2 wegen der möglichen Einspannung „dünner Wände“ in die angrenzenden Decken vereinfacht in Abhängigkeit der Wanddicke t bestimmt werden, wenn die in Tabelle 5-1 angegebenen Bedingungen eingehalten sind. Andernfalls muss ein Knicklängenbeiwert von ρ2 = 1,0 angesetzt werden.
Tabelle 5-1: Abminderungsbeiwert ρ2 zur Ermittlung der Knicklänge hef für 2-seitig gehaltene Wände im vereinfachten Berechnungsverfahren
Wanddicke | Abminderungsbeiwert | Erforderliche |
---|---|---|
≤ 17,5 | 0,75 | a = t |
17,5 < t < 24 | 0,90 | a = t |
24 ≤ t ≤ 25 | 0,90 | a ≥ 17,5 |
> 25 | 1,00 | - |
Bei Anwendung der allgemeinen Bemessungsregeln darf der Knicklängenbeiwert ρ2 in Abhängigkeit der Exzentrizität der einwirkenden Normalkraft bestimmt werden. Für die Exzentrizität e ist hierbei die planmäßige Ausmitte des Bemessungswertes der Normalkraft am Wandkopf ohne Berücksichtigung einer ungewollten Ausmitte zu berücksichtigen. Eine Abminderung der Knicklänge ist jedoch nur zulässig, wenn die Auflagertiefe der Decke mindestens 2/3 der Wanddicke bzw. 10 cm beträgt (s. Tabelle 5-2).
Tabelle 5-2: Abminderungsbeiwert ρ2 zur Ermittlung der Knicklänge hef für 2-seitig gehaltene Wände im allgemeinen Berechnungsverfahren nach [8]
Exzentrizität e | Abminderungsbeiwert ρ2 [-] |
---|---|
e ≤ t/6 | 0,75 |
e ≥ t/3 | 1,0 |
Zwischenwerte dürfen interpoliert werden | |
e = planmäßige Ausmitte des Bemessungswertes der Längsnormalkraft am Wandkopf (ohne Berücksichtigung einer ungewollten Ausmitte) | |
Eine Abminderung der Knicklänge ist jedoch nur zulässig, wenn folgende erforderliche Deckenauflagertiefen a auf der Wand gegeben sind: t < 12,5 cm; a ≥ 10,0 cm t ≥ 12,5 cm; a ≥ 2/3 · t |