9.4 Nachweis von Kellerwänden nach DIN EN 1996-1-1/NA

Wenn die in DIN EN 1996-3/NA definierten Randbedingungen des vereinfachten Berechnungsverfahrens für Kellerwände nicht eingehalten sind, kann der Nachweis nach DIN EN 1996-1-1/NA erfolgen. Dieser Nachweis beinhaltet eine Modifikation der Gleichung (9.1) für den Biegedrucknachweis in halber Anschütthöhe unter Berücksichtigung eines frei wählbaren Erdruckbeiwertes.

Bei der Bemessung von Kellerwänden kann damit gegebenenfalls auch ein höherer Erddruck (z.B. Erdruhedruck) berücksichtigt werden. Die bei zweiachsigem Lastabtrag möglichen Traglasterhöhungen können hierbei wie im vereinfachten Berechnungsverfahren (s. Kap. 9.3) angesetzt werden. Es ist aber zu beachten, dass im allgemeinen Berechnungsverfahren stets auch Plattenschub unter minimaler Auflast nachzuweisen ist. Wie im vereinfachten gelten auch im allgemeinen Nachweisverfahren die gleichen Randbedingungen (Bild 9‑7):

  • Lichte Höhe der Kellerwand h ≤ 2,60m;
  • Wanddicke t ≥ 240 mm
  • Die Kellerdecke wirkt als aussteifende Scheibe und kann die aus dem Erddruck resultierenden Kräfte aufnehmen
  • Verkehrslast im Einflussbereich des Erddruckes qk = 5,0 kN/m2
  • Die Geländeoberfläche steigt nicht an
  • Die Anschütthöhe he darf maximal 1,15 · h betragen

Die minimal erforderliche Auflast n1,d,inf ergibt sich nach den allgemeinen Bemessungsregeln zu: 

Gleichung 9.7

mit
n1,lim,d   Grenze des Bemessungswertes der Wandnormalkraft je Einheit der Wandlänge in halber Anschütthöhe als Voraussetzung für die Gültigkeit des Bogenmodells.
ki    maßgebender Erdruckbeiwert
γe   Wichte der Anschüttung
h     lichte Höhe der Kellerwand
he   Höhe der Anschüttung
t     Wanddicke

Zudem muss der obere Bemessungswert der Wandnormalkraft n1,Ed,sup je Einheit der Wandlänge in halber Anschüttung folgende Bedingung erfüllen:

Gleichung 9.8

mit
n1,Rd   oberer Grenze des Bemessungswertes der Wandnormalkraft in halber Anschüttung
fd       Bemessungswert der Mauerwerkdruckfestigkeit nach Kap. 2.2.2
t         Wanddicke

Ist die Kellerwand durch Querwände oder statisch nachgewiesene Bauteile im Abstand b so ausgesteift, dass ein zweiachsiger Lastabtrag möglich ist, darf der untere Grenzwert n1,lim d wie folgt abgemindert werden (Zwischenwerte dürfen interpoliert werden):

Gleichung 9.9

Gleichung 9.10

mit
n1,lim d   unterer Grenzwert der Wandnormalkraft in halber Anschüttung

Bei Anwendung der allgemeinen Regeln ist bei erddruckbelasteten Kellerwänden im Gegensatz zu den vereinfachten Berechnungsmethoden der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit zu erbringen. Um den Nachweis in Plattenrichtung führen zu können, muss zusätzlich die überdrückte Wanddicke tc,lin (in der Regel am Wandfuß) bestimmt werden. Hierauf kann verzichtet werden, wenn beim Querkraftnachweis auf den Ansatz der Haftscherfestigkeit verzichtet wird.

In der Praxis kommen gelegentlich auch teilweise aufliegende Kellerdecken zur Ausführung. In diesem Fall kann das gezeigte Bogenmodell ebenfalls verwendet werden. Der Bogen bildet sich von der Außenseite der Kellerwand nach innen zum Auflager im Decken- und Bodenplattenbereich aus. Für den Nachweis der minimalen Traglast sind somit keine Anpassungen notwendig.