7.1 Grundlagen und Nachweisformat

Mit Hilfe des allgemeinen Nachweisverfahrens ist eine bessere Ausnutzung der Tragfähigkeit von unbewehrtem Mauerwerk möglich, indem man die Eigenschaften des Mauerwerks und das Tragverhalten der Konstruktion exakter erfasst. Die allgemeinen Regeln zur Bemessung dürfen für einzelne Bauteile ebenso angewendet werden, wie für einzelne Geschosse oder ganze Bauwerke. Mit dem allgemeinen Verfahren lassen sich größere Wandhöhen und schlankere Konstruktionen nachweisen. Es wird somit gegenüber den vereinfachten Bemessungsmethoden den Forderungen nach Wirtschaftlichkeit durch mögliche Materialeinsparungen und Wohnflächenvergrößerungen besser gerecht.

Im allgemeinen Verfahren sind im Grenzzustand der Tragfähigkeit folgende Nachweise zu führen:

  • Nachweis der Tragfähigkeit am Wand-Decken-Knoten unter Berücksichtigung eines realistischen Tragverhaltens im Einspannbereich des Wandkopfes oder Wandfußes
  • Knicksicherheitsnachweis in Wandmitte unter Berücksichtigung planmäßiger und unplanmäßiger Exzentrizitäten sowie Zusatzverformungen nach Theorie II. Ordnung
  • Nachweise für Querkrafttragfähigkeit in Scheiben- und Plattenrichtung (s. Kap. 8)
  • Nachweis der Teilflächenpressung – falls erforderlich (s. Kap. 7.7)

Im allgemeinen Verfahren sind neben den Biegemomenten aus Deckeneinspannung bei Außenwänden mit Wanddicken t < 24 cm auch die aus Wind entstehenden Biegemomente beim Nachweis zu berücksichtigen.

Für den Knicksicherheitsnachweis ist eine genauere Ermittlung der anzusetzenden Knicklänge hef in Abhängigkeit der Steifigkeit von Wand und Decke möglich (s. Kap. 5). Grundsätzlich können die auftretenden Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung aber auch an einem Rahmensystem mit wirklichkeitsnahen Steifigkeiten ermittelt werden.

Die Bemessung erfolgt nach den allgemeinen Regeln unter Verwendung von Bemessungsschnittgrößen unter Ansatz einer starr-plastischen Spannungs-Dehnungs-Beziehung ohne Berücksichtigung einer Zugfestigkeit senkrecht zur Lagerfuge. Eine Ausnahme bilden Wände aus Planelementen bei Windbeanspruchung.

Die Mindestdeckenauflagertiefe gemäß DIN EN 1996-1-1/NA beträgt: a ≥ t/3 + 40 mm, aber mindestens 100 mm. Die Mindestwanddicke für tragende Wände beträgt t = 11,5 cm.

Der Nachweis der Tragfähigkeit von Wänden unter zentrischer und exzentrischer (vertikaler) Druckbeanspruchung am Wandkopf, in Wandmitte und am Wandfuß gilt nach DIN EN 1996 1-1/NA als erfüllt, wenn der Bemessungswert der einwirkende Normalkraft NEd die aufnehmbare Bemessungsnormalkraft nicht überschreitet:

Gleichung 7.1

mit
fd, t, l      nach dem vereinfachten Nachweisverfahren (Kap. 6.1.2)
Φo,u,m,i   Abminderungsbeiwert an der betrachteten Stelle der Wand (Kopf, Mitte oder Fuß)