4.1.5 Idealisierende Annahmen für den Aussteifungsnachweis

Erfolgt die Gebäudeaussteifung durch Wandscheiben, L- oder U-Querschnitte und/oder Kerne, werden für die Schnittgrößenermittlung generell folgende idealisierenden Annahmen getroffen:

  • Die Decken werden als starre horizontale Scheiben betrachtet und übertragen die horizontalen Lasten ohne wesentliche Formänderung auf die lotrechten aussteifenden Bauteile.
  • Verformungen der Wandscheiben infolge Querkraftbeanspruchung können in der Regel unberücksichtigt bleiben (Vernachlässigung von Schubverformungen).

Die auf das Gebäude einwirkenden Horizontallasten werden zunächst über die Fassade in die steifen Deckenscheiben eingeleitet und von dort auf die aussteifenden Wände abgetragen, welche die Lastweiterleitung in die Fundamente sicherstellen müssen (s. Kapitel 4.2.2). Infolge der Einspannwirkung zwischen den Decken und Wänden werden in den aussteifenden Wandscheiben rückstellende Kräfte aktiviert, die bei der Schnittgrößenermittlung berücksichtigt werden können. In der Praxis werden aber in der Regel vereinfachende Annahmen getroffen, die zwar oftmals stark auf der sicheren Seite liegen, den Rechenaufwand jedoch erheblich reduzieren:

  • Es wird eine gelenkige Kopplung der Deckenscheiben an die aussteifenden Bauteile unterstellt.
  • Die Modellierung der Wandscheiben erfolgt in der Regel als ein im Fundament eingespannter Kragarm. Alternativ ist nach DIN EN 1996-1-1/NA aber auch eine detailliertere Ermittlung der Schnittgrößen unter Berücksichtigung von Rückstellkräften und Einspannwirkungen der Wandscheiben in die Decken möglich (siehe Kapitel 4.2.2).
  • Stützen in Beanspruchungsrichtung und Wände quer zur Beanspruchungsrichtung bleiben aufgrund der im Vergleich zu den Wandscheiben geringen Biegesteifigkeit beim Aussteifungsnachweis üblicherweise unberücksichtigt.
  • Die Torsionssteifigkeit der einzelnen Wandscheiben wird vernachlässigt.